Interview mit Business Sustainability Analystin Nicola Tröge zum Thema Rezertifizierung

Für alle zertifizierten B Corps steht in spätestens drei Jahren die Rezertifizierung an. Für viele B Corps stellt sich dahingehend die Frage “Wie gehen wir das Thema besten an, wie bereiten wir uns vor”? Wir haben uns daher sehr gefreut ein Interview mit Nicola Tröge führen zu können, die als Business Sustainability Analystin bei B Lab Europe Unternehmen im Rezertifizierungsprozess begleitet. In diesem Interview gibt sie wertvolle Einblicke in Ihre Arbeit und Tipps, was B Corps tun können, um sich bestmöglich vorzubereiten.

Nicola Tröge
 

Nicola, schön, dass Du dir Zeit nimmst für unsere Fragen! Du bist Business Sustainability Analystin im Review Team von B Lab Europe. Kannst du kurz beschreiben, was das genau heißt und wofür Du verantwortlich bist?

Als Business Sustainability Analysten leiten wir Unternehmen durch die sogenannte Verifizierungsphase. In dieser Verifizierungsphase werden die Antwortoptionen, die innerhalb des Assessments ausgewählt wurden, verifiziert. Im Laufe dieses Prozesses werden zum Beispiel Belege angefordert, die die ausgewählten Antwortoptionen bestätigen. Als Business Sustainability Analysten stehen wir demnach im regen Austausch mit Unternehmen, um festzustellen auf welche Art und Weise positiver Impact kreiert wird. Wir helfen Unternehmen dabei, diesen positiven Impact richtig im Assessment widerzuspiegeln und der resultierende finale Punktestand entscheidet am Ende der Verifizierungsphase darüber, ob ein Unternehmen Teil der B Corp Community wird oder bleibt (im Falle einer Rezertifizierung).

Stichpunkt "Rezertifizierung". Alle zertifizierten B Corporations müssen spätestens alle drei Jahre die Rezertifizierung durchlaufen. Worauf achtest Du in dem Prozess besonders?

Im Grossen und Ganzen ähnelt die Rezertifizierung der ursprünglichen Zertifizierung. Es wird erneut ein Assessment seitens des Unternehmens ausgefüllt und es werden ebenfalls die Phasen der Evaluierung und der Verifizierung durchlaufen. In diesen Phasen werden erneut Informationen in Bezug auf beispielsweise die Unternehmensstruktur und das Produkt- und Serviceangebot der B Corp angefragt. 

In Bezug auf die Rezertifizierung wird besonderes Augenmerk auf Veränderungen innerhalb der B Corp gelegt. Hat sich die Mission des Unternehmens verändert? Werden neue Produkte oder neue Services angeboten? Haben sich die bestehenden Produkte oder Services möglicherweise verändert? Dies sind unter anderem wichtige Aspekte, die den positiven Impact des Unternehmens beeinflussen können. 

Die Rezertifizierung kann als neue ‘Bestandsaufnahme’ gesehen werden. In einem Zeitfenster von drei Jahren kann sich in Unternehmen viel verändern und wir möchten diese Veränderungen im Assessment widerspiegeln. Das kann zum Beispiel dazu führen, dass ein neues Impact Business Model zutrifft. Ein Beispiel dafür wäre ein Lebensmittelhersteller, der innerhalb der drei Jahre zusätzlich Fairtrade-zertifizierte Inhaltsstoffe eingeführt hat. Der positive Impact, der durch diese Umsetzung erreicht wird, wird durch ein zusätzliches Impact Business Model im Assessment widergespiegelt. 

Viele Unternehmen nutzen dieses Zeitfenster von drei Jahren auch, um den unternehmenseigenen Impact zu verbessern. Hier bietet auch das Assessment-Tool direkte Hilfestellungen. Unternehmen können dafür zum Beispiel einen persönlichen ‘Improvement Report’ im B Impact Assessment erstellen. Viele Unternehmen verbessern auf diese Art und Weise im Vergleich zur Erstzertifizierung ihren positiven Impact und infolgedessen auch ihren Punktestand.  

 

Hast Du den Eindruck, dass manche Unternehmen sich mit der Rezertifizierung schwerer tun als bei der Erstzertifizierung und wenn ja, warum?

Diese Frage lässt sich pauschal schwer beantworten. Es gibt aber mehrere Aspekte, die beeinflussen können, ob sich Unternehmen mit der Rezertifizierung schwerer tun als mit der Erstzertifizierung.

Viele Unternehmen empfinden es als Vorteil, dass sie sich bereits mit der Art und Weise, wie das Assessment funktioniert, auskennen. So haben bestehende B Corps schon ein Verständnis für beispielsweise die Impact Areas, den Aufbau der Fragen und den Ablauf des Verifizierungsprozesses.  Das kann dazu beitragen, dass es B Corps wesentlich einfacher fällt, die Rezertifizierung zu durchlaufen. 

Durch die Erstzertifizierung wissen Unternehmen auch, welche Art von Dokumentation angefragt wird. Das erleichtert die Vorbereitung auf die Rezertifizierung. Die Belege können so beispielsweise im Laufe der drei Jahre mit Hinblick auf die Rezertifizierung besser vorbereitet werden.

Während der Erstzertifizierung (und jeder weiteren Rezertifizierung) können Unternehmen zudem Möglichkeiten erkennen, ihren Impact zu verbessern. Viele Unternehmen nutzen das B Impact Assessment so aktiv über die Jahre als Tool, um gewisse Aspekte in die Unternehmenspraxis zu integrieren. 

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass sich innerhalb von drei Jahren nicht nur höchstwahrscheinlich die Unternehmenspraxis innerhalb der B Corp verändert, sondern sich ebenfalls die Standards seitens B Lab weiterentwickeln. Insbesondere in Bezug auf Rezertifizierungen ist es wichtig, zu verstehen, dass es in einem Rhythmus von circa drei Jahren zu so genannten ‘Version Changes’ kommt. Durch solche Veränderungen kann es zum Beispiel dazu kommen, dass B Corps im Rahmen der Rezertifizierung neue Fragen beantworten müssen, die während der Erstzertifizierung nicht abgefragt wurden.

Die existierenden Standards werden verändert, um sicherzustellen, dass die Art und Weise wie ‘positiver Impact’ definiert und evaluiert wird, stetig verbessert wird. Das Niveau der Standards steigt daher über die Jahre stetig an. So kann die Rezertifizierung für Unternehmen, deren Punktestand bei der Erstzertifizierung nahe der 80-Punkte-Minimumgrenze lag, eine Herausforderung darstellen. Insbesondere für solche Unternehmen kann es interessant sein, das Assessment als Tool zu nutzen, um zu erkennen in welchen Bereichen Verbesserungspotential besteht. Im Hinblick auf die anstehende Rezertifizierung können dann bestimmte Praktiken integriert werden, die Unternehmen  auf das steigende Niveau der Standards vorbereitet.

 

Was sind aus Deiner Sicht die zentralen Voraussetzungen, damit Unternehmen ohne große Hürden durch den Prozess kommen?

Ich würde gerne auf vier Aspekte eingehen, die einen reibungslosen Verifizierungssprozess fördern. 

  1. Bevor die Verifizierungsphase beginnt, werden Unternehmen darum gebeten, die Unternehmensstruktur zu dokumentieren. Dies ist ein wichtiger Schritt, da die Unternehmensstruktur und in Beziehung stehende Marken das Assessment beeinflussen können. Wenn dieser Aspekt zu Beginn korrekt dokumentiert wird, können nachträgliche Veränderungen vermieden werden, die zusätzlichen Aufwand bedeuten. Es ist wichtig in Erinnerung zu behalten, dass Unternehmen zertifiziert werden und nicht Marken als solche. 

  2. Ein weiterer Aspekt, der im besten Falle vor der Rezertifizierung abgeschlossen werden sollte, ist die Anpassung der Unternehmenssatzung. Die Eingliederung der zusätzlichen Paragraphen in die Unternehmenssatzung nimmt in der Regel Zeit in Anspruch und es ist daher sinnvoll diese Anpassung vorab zu vervollständigen. Ein wichtiger Tipp diesbezüglich; sollte die Unternehmensstruktur mehrere Unternehmen enthalten, so ist es ratsam unsere Community Manager zu kontaktieren, um festzustellen welches Unternehmen die Anpassung vollziehen sollte. 

  3. Wie bereits erwähnt, ist es sehr wichtig, dass alle ausgewählten Antwortoptionen mit Dokumentation belegt werden können. Die Auswahl der Antwortoptionen sollte auf Basis bestehender schriftlicher Dokumentation getroffen werden, damit deutlich gemacht werden kann, welche Aspekte in die Unternehmenspraxis integriert sind. 

  4. Ein weiterer Aspekt, der dazu beiträgt, dass die Rezertifizierung ohne grosse Hürden vollendet werden kann, ist das Erörtern von Verbesserungspotential im Rahmen des Assessments. Wie bereits besprochen, kann das B Impact Assessment als Tool genutzt werden, um den positiven Impact, den das Unternehmen kreiert zu verbessern. Das bereitet Unternehmen auf das steigende Niveau der Standards vor und trägt zu einem erfolgreichen Rezertifizierungsprozess bei.

 

Die B Corp-Bewegung wird auch als “Movement of Improvement” bezeichnet: wie wichtig sind Impact-Verbesserungen für die Rezertifizierung? 

Als “Movement of Improvement” verstehen wir uns als Bewegung, die kontinuierlich lernt und sich verbessert. Die existierenden Standards und Prozesse werden verändert, um sicherzustellen, dass die Art und Weise wie ‘positiver Impact’ definiert und evaluiert stetig verbessert wird. Das Niveau der Standards steigt daher über die Jahre stetig an. 

Während die Minimumgrenze von 80 Punkten als solche besteht, so geht es im Rahmen der B Corp Bewegung doch darum den positiven Impact in Bezug auf soziale und umweltbezogene Aspekte über die Zeit zu verbessern. 

Nachdem die Erstzertifizierung abgeschlossen wurde und ein Unternehmen Teil der B Corp Community geworden ist, bestärken wir Unternehmen das “Movement of Improvement”-Mindset im Unternehmen zu integrieren. So kann das B Impact Assessment wie erwähnt, als genutzt werden, um zu erkennen in welchen Bereichen Verbesserungspotential besteht. Sollte ein Unternehmen beispielsweise während der Erstzertifizierung kein “Environmental Management System” implementiert haben, so könnte dies ein Aspekt sein, der innerhalb der drei Jahre in Vorbereitung auf die Rezertifizierung eingeführt werden kann. 

 

Welche Tipps würdest Du Unternehmen geben, die sich jetzt für die Rezertifizierung vorbereiten? Wie viel Vorlaufzeit sollen diese einplanen?

Es ist hilfreich, sich im Voraus auf die Rezertifizierung vorzubereiten, da auf diese Weise ein erfolgreicher Verifizierungsprozess gefördert wird. Die Zeit der Vorbereitung kann dabei je nach Unternehmensgröße und Komplexität variieren. Daher teile ich im Folgenden ein paar generelle Tipps: 

Zum einen empfehle ich, sich nach der Erstzertifizierung, wenn sich Unternehmen gerade intensiv mit dem Assessment beschäftigt haben, schon strategisch mit der Rezertifizierung auseinander zu setzen. Das erlaubt es Unternehmen den Zeitraum von drei Jahren bis die Rezertifizierung ansteht effizient zu nutzen, um sich auf die Rezertifizierung vorzubereiten. Es kann beispielsweise hilfreich sein, den “Improvement Report” im B Impact Assessment als Tool zu nutzen, um gewisse Aspekte bis zur Rezertifizierung in die Unternehmenspraxis zu integrieren. 

Es ist wichtig, dass die ausgewählten Antwortoptionen im Assessment belegt werden können. Ein Tipp diesbezüglich ist, Dokumentation für die ausgewählten Antwortoptionen bereitzuhalten. Diese könnte beispielsweise schon zusammengetragen werden, wenn das Assessment ausgefüllt wird, damit ein Großteil der Belege den Unternehmen während der Verifizierungsphase bereits vorliegen. 

Ein weiterer Tipp ist es, schon zu Beginn der Rezertifizierung unternehmensinterne Experten für die unterschiedlichen Impact Areas zu involvieren. Das B Impact Assessment deckt unterschiedliche Bereiche des Unternehmens ab und es ist selten nur eine Person, die sich mit allen Aspekten auskennt. Es ist daher empfehlenswert in einem Team von Experten zu arbeiten. Das fördert beispielsweise die Auswahl der richtigen Antwortoptionen gleich zu Beginn der Rezertifizierung. Werden dann Belege in der Verifizierungsphase angefragt, so können diese höchstwahrscheinlich bereitgestellt werden, da die Antwortoption von Experten aus dem jeweiligen Bereich ausgewählt wurde. 

 

 Liebe Nicola, ein großes DANKE an Dich, für Deine Zeit und die wertvollen Tipps!

 

Liebe B Corps, wir hoffen, dass wir Euch damit ein paar hilfreiche und wertvolle Insights mit auf den Weg geben konnten. Wenn Ihr weitere Fragen habt, dann meldet Euch gerne beim B Lab Deutschland-Team: germany@bcorporation.eu

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